Potsdamer Erklärung zur Aufstellungsarbeit Bert Hellingers

Auf der Mitgliederversammlung 2004 in Berlin wurde die “Potsdamer Erklärung” verabschiedet, die zuvor im Rahmen einer Zukunftskonferenz in Potsdam erarbeitet wurde. Sie setzt sich kritisch mit den Haltungen und Praktiken auseinander, die von Bert Hellinger und seinen Anhängern bei Aufstellungsarbeiten verwendet werden.

Die Potsdamer Erklärung als pdf-Datei

Potsdamer Erklärung zur systemischen Aufstellungsarbeit

Die Arbeit mit szenischen Darstellungen und Aufstellungen hat in der Familientherapie und der systemischen Therapie eine lange Tradition. Sie wurzelt u. a. in therapeutischen Techniken, wie sie in der Familienskulpturarbeit oder im Psychodrama ent­wickelt wurden. In der von Bert Hellinger praktizierten Form ist sie in breiteren Kreisen als jemals zuvor bekannt geworden. Bedauerlicherweise hat sich Hellinger dabei immer mehr von der originär systemischen Arbeit entfernt. Hellingers Verdienst bleibt es, dazu beigetragen zu haben, die Aufstellungsarbeit zu verdichten. Vor allem was die mögliche Auflösung von Verstrickungsdynamiken anbetrifft, hat er neue und innovative Vorgehensweisen entwickelt. Heute sehen wir jedoch den Punkt gekommen, an dem nicht nur wesentliche Teile der Praxis von Bert Hellinger – und vieler seiner Anhänger -, sondern auch viele seiner Aussagen und Vorgehensweisen explizit als unvereinbar mit grundlegenden Prämissen systemischer Therapie anzusehen sind, etwa

  • die Vernachlässigung von Auftragsklärung und Anliegenorientierung
  • die Verwendung mystifizierender und selbstimmunisierender Beschreibungen („etwas Größeres“, „in den Dienst genommen“ u. ä.)
  • die Nutzung uneingeschränkt generalisierter Formulierungen und dogmatischer Deutungen („immer, wenn“, „schlimme Wirkung“, „mit dem Tode bestraft“, „der einzige Weg“, „das Recht verwirkt“ u. ä.).
  • der Einsatz potentiell demütigender Interventionen und Unterwerfungsrituale
  • die angeblich zwingende Verknüpfung der Interventionen mit bestimmten Formen des Menschen- und Weltbildes (etwa in Bezug auf Genderfragen, Elternschaft, Binationalität u. a.)
  • die Vorstellung, über eine Wahrheit verfügen zu können, an der eine Person mehr teilhaftig ist als eine andere. Dies führt zu der Verwendung verabsolutierender Beschreibungsformen und impliziert, dass keine partnerschaftliche Kooperationsbeziehung angestrebt wird.

Im Gegensatz dazu beziehen wir uns auf viele Beispiele und Ausdifferenzierungen von Aufstellungsarbeit, die im Rahmen eines systemisch-konstruktivistischen Therapieverständnisses und vor dem Hintergrund einer tragfähigen und verantwortlichen therapeutischen Beziehung durchgeführt wird. Wir verstehen diese als konstruktive Versuche, dieses bereits bewährte therapeutische Werkzeug weiter zu entwickeln und auch, es zunehmend mehr wissenschaftlicher Überprüfung zu unterziehen. Insofern wehren wir uns auch gegen undifferenzierte Kritik an dieser Form von Praxis. Aufstellungsarbeit „jenseits von Hellinger“ sollte sich als therapeutisches Instrument weiterentwickeln, doch die enge Verbindung mit seinem Namen ist heute nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Im Juli 2004