Ethik-Richtlinien
2011 hat die Mitgliederversammlung der SG Ethikrichtlinien verabschiedet, 2015 wurden sie erweitert, 2025 erneut überarbeitet. SG-Mitglieder sowie Personen, die einen SG-Nachweis haben, sind verpflichtet, sich entsprechend der Ethik-Richtlinien zu verhalten. Im Fall eines Verdachts auf Verletzung der Ethik-Richtlinien bzw. bei Beschwerden wird die Systemische Gesellschaft die Vorwürfe überprüfen und ggf. Stellung beziehen bzw. entsprechende Maßnahmen einleiten.
Präambel
Die ethischen Richtlinien unseres Fachverbandes unterstützen die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung in professionellen Kontexten und innerhalb der Mitgliedschaft der Systemischen Gesellschaft. Die Richtlinien basieren auf den ethischen Werteentscheidungen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Sie fördern den innerverbandlichen Diskurs über ethisch vertretbares professionelles systemisches Handeln. Sie sorgen auf diese Weise für den Schutz der eigenen Mitglieder sowie für die Adressat_innen systemischer Lehre und Praxis (Klient_innen, Kund_innen, Weiterbildungsteilnehmende, Lehrende, Mitarbeitende und Kolleg_innen) vor unethischem Verhalten und bieten eine Grundlage für die Klärung von Beschwerden und Konflikten.
Die Systemische Gesellschaft und ihre Mitglieder nehmen sich als Akteur_innen in gesellschaftlichen Zusammenhängen und in der Gestaltung einer lebensdienlichen Arbeitswelt wahr. Sie nehmen bewusst Einfluss sowohl auf die Weiterentwicklung von fachlichen Standards als auch auf sozial-, gesundheits-, organisationale und gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit. Sie sind sich bewusst, dass auch in diesen Bereichen sowohl Handeln als auch Nichthandeln Konsequenzen hat.
Geltung
Die Ethik-Richtlinien der Systemischen Gesellschaft gelten für alle Mitglieder der Systemischen Gesellschaft und die Inhaber_innen von SG-Weiterbildungs- sowie Lehrendennachweisen / -zertifikaten[1] in allen Arbeitsbereichen. Mit dem Beitritt zur Systemischen Gesellschaft bzw. mit der Beantragung und dem Erhalt eines SG-Nachweises akzeptiert jede Person die Gültigkeit der jeweils aktuellen Richtlinien.
[1] Seit 2016 vergibt die Systemische Gesellschaft e.V. keine Weiterbildungs- und Lehrendenzertifikate mehr, sondern Weiterbildungs- und Lehrendennachweise. Der besseren Lesbarkeit wegen wird im Folgenden der Begriff SG-Nachweise benutzt, der all diese Varianten beinhaltet.
Haltung
Das systemische Menschenbild fordert eine Haltung des Respekts vor der Autonomie und Individualität der Personen und der Systeme in denen sie leben. Systemische Arbeitsansätze gehen davon aus, dass Menschen die Expert_innen für ihre jeweilige Lebenssituation sind und würdigen die jeweils individuellen Wahrheiten und Wirklichkeiten. Perspektivwechsel, Allparteilichkeit, Neugier und Wertschätzung gehören zu den Standards systemischer Haltung. Systemisches Arbeiten unterstützt Wachstum und Reifung auf persönlicher und sozialer Ebene und fördert die Selbstbestimmung sowie Selbstwirksamkeit.
Menschliche Unterschiedlichkeit und ihre Zuschreibung in Kategorien wie z.B. Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Nationalität, Kultur, Status, sexuelle Orientierung, Einschränkungen, Weltanschauung, Religion oder politische Überzeugung wird als potenzieller Anlass für Benachteiligung in sozialen Zusammenhängen reflektiert. Derlei Benachteiligungen sind für die Systemische Gesellschaft nicht akzeptabel. Mitglieder der Systemischen Gesellschaft und Inhaber_innen eines SG-Nachweises handeln machtsensibel und ambiguitätstolerant im Bewusstsein, dass die eigenen Normen und Werte immer von der eigenen individuellen Sichtweise geprägt sind. Sie arbeiten dialogisch und zirkulär in diesem Dilemma und achten auf einen Raum, der Gleichwertigkeit fördert, diskriminierungssensibel ist und Benachteiligungen abbaut.
Wenn Menschenwürde und Menschenrechte durch Äußerungen oder Verhalten infrage gestellt werden oder das Strafrecht berührt wird, endet die Allparteilichkeit.
Die Systemische Gesellschaft wendet sich gegen jede Form von politischem, ideologischem und religiösem Extremismus, gegen Antisemitismus und Rassismus sowie gegen jede Form (gruppenspezifischer) Diskriminierung.
Professionalität & Qualitätssicherung
Systemisch Arbeitende und Lehrende verpflichten sich, ihre Beziehungen innerhalb ihrer Aufgaben verantwortungsvoll und transparent zu gestalten. Das entstehende Vertrauensverhältnis darf nicht zur Befriedigung eigener Interessen und Bedürfnisse missbraucht werden. Das Entstehen von Abhängigkeiten ist zu vermeiden.
Die Mitglieder der Systemischen Gesellschaft sowie Inhaber_innen eines SG-Nachweises:
- reflektieren ihre Normen und Werte und achten darauf, diese dem Gegenüber nicht aufzudrängen. Fachliche Äußerungen sollen sachlich informierend und wissenschaftlich fundiert sein, irreführende Heilungsversprechen sowie unlautere Vergleiche sind zu unterlassen.
- pflegen eine akzeptierende und konstruktiv-dialogische Zusammenarbeit mit ihren Kolleg_innen.
- verpflichten sich für die Erhaltung und Weiterentwicklung ihrer fachlichen Kompetenz zu regelmäßiger Fortbildung und zur kritischen Reflexion der eigenen Tätigkeit mittels Supervision oder Intervision.
- haben Achtung vor den Grenzen von Belastbarkeit.
Die Tätigkeit von systemisch Arbeitenden wird ausschließlich durch das vereinbarte Honorar / Gehalt bzw. durch die Teilnahmegebühren, die Ehrenamtspauschale oder das Gegengeschäft abgegolten. Die Annahme von entgeltlichen oder unentgeltlichen Dienstleistungen im Sinne einer Vorteilsnahme ist unzulässig.
Die Mitglieder der Systemischen Gesellschaft beteiligen sich an der kontinuierlichen Einhaltung sowie Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements ihres Fachverbandes.
Transparenz & Persönlichkeitsschutz
Jeder professionelle Kontakt wird von Beginn an klar und transparent gestaltet.
Hierzu erhalten die Adressat_innen Informationen
- über Inhalt und Art des Angebots sowie mögliche Grenzen,
- über die Qualifikation der Anbieter_in,
- über die finanziellen Bedingungen,
- über die Schweigepflicht und den damit verbundenen Schutz der Daten.
Es werden alle notwendigen Maßnahmen getroffen, um die im Rahmen der professionellen Beziehung gewonnenen Informationen so zu schützen, dass eine missbräuchliche Verwendung ausgeschlossen werden kann.
Digitale Formate
Die systemische Arbeit in Lehre und Praxis findet auch in digitalen Formaten statt. Die Mitglieder der Systemischen Gesellschaft sowie die Inhaber_innen eines SG-Nachweises gewährleisten dabei die Einhaltung der ethischen Richtlinien.
Vorgehen bei Verletzung der Ethik-Richtlinien
Etwaige Beschwerden zu einem Verstoß gegen die Ethik-Richtlinien werden über die Geschäftsstelle oder direkt an den Vorstand gerichtet. Die Anliegen werden vertraulich behandelt und gewissenhaft geprüft. Dabei kann eine Beratung durch den Ethik-Rat vom Vorstand in Anspruch genommen werden.
Die Beschwerdegegner_innen erhalten die Möglichkeit, sich zum Sachverhalt zu äußern. Die Beschwerdeführer_innen haben das Recht auf eine Rückmeldung. Ggf. kann die Beschwerde nach Rücksprache mit der beschwerdeführenden Person ganz oder in Teilen an die Stelle für verzwickte Fälle weitergegeben werden – ausgenommen davon ist der Vorgang, der den Verstoß gegen die Ethik-Richtlinien betrifft.
Wenn ein Vorwurf der Missachtung von Ethik-Richtlinien gegen den Vorstand oder ein Vorstandsmitglied erhoben wird, muss der Ethik-Rat konsultiert werden. Respektiert der Vorstand die Position des Ethik-Rates nicht, muss die Mitgliederversammlung dazu angefragt werden.
Verstöße gegen die Ethik-Richtlinien können den Entzug der Mitgliedschaft in der Systemischen Gesellschaft zur Folge haben. Das Verfahren hierzu regelt die Satzung der Systemischen Gesellschaft. Die von der Systemischen Gesellschaft erteilten Weiterbildungs- und Lehrenden-nachweise bzw. -zertifikate können bei nachgewiesenen Verstößen gegen die Richtlinie für immer oder für eine begrenzte Dauer entzogen werden – ebenso wie die Mitgliedschaft aberkannt werden kann.
Hier finden Sie die Ethik-Richtlinien der Systemischen Gesellschaft e.V. als Download.