SG-Nachweise

Weiterbildungsqualität

Systemische Organisationsentwicklung

Systemische Organisationsentwicklung (SOE) hat eine prozessorientierte Begleitung von Organisationen zum Gegenstand. Die Interventionen Systemischer Organisationsentwicklung zielen auf substanzielle und nachhaltige Veränderungen ab. Im Zentrum stehen oft Wandelprozesse von Organisationskulturen und -strukturen. Ziele dabei sind einerseits die Anpassung der Organisationen an gesellschaftliche und marktspezifische Herausforderungen und Kontexte sowie die Schaffung von Zufriedenheit am Arbeitsplatz.

SOE lässt sich als ein Komplementärberatung (Königswieser u.a.) mit anderen Beratungsansätzen kombinieren. SOE-Praktizierende können zwischen nicht-wissender Prozessbegleitung und impulsgebender Fachberatung (einbringen von Hypothesen, Reframings, theoretischen Impulsen und best practice- Erkenntnissen) auftragsentsprechend wechseln. Das Kundensystem schaut bei zweiterem auf die Passfähigkeit der Impulse und entscheidet selbst, was integriert wird. Die konkrete Arbeitsweise wird typischerweise im Rahmen einer Auftrags- und Rollenklärung zu Beginn eines Prozesses gemeinsam mit dem Kundensystem vereinbart.

Systemische Organisationsentwicklung ist ein interdisziplinärer Ansatz, der Führungskräften und beratend Tätigen wirksame Modelle und Methoden zur Beisteuerung in komplexen, dynamischen Organisationssystemen bietet. Entstanden ist dieser Begriff „Organisationsentwicklung“ nach dem zweiten Weltkrieg in den USA. Er steht in der Tradition unterschiedlicher Denk- und Beratungsansätze (z.B. Gruppendynamik, Re-edukation und Trainingsgruppen; Aktionsforschung, Feldforschung und Survey-Feedback u.a.).

„Systemisch(er)“ wird OE dann, wenn sie auf linear-kausale Denkmodelle verzichtet und sich für konstruktivistische, kybernetische und zirkuläre Beobachtungskategorien öffnet. Diese veränderte Haltung führt zu anderen Formen der Intervention und Beisteuerung in Organisationen. Im deutschsprachigen Raum zählen z.B. die Feldtheorie nach Lewin, die Soziologische Systemtheorie nach Luhmann, die Personzentrierte Systemtheorie nach Kriz sowie die Synergetik/ Selbstorganisationstheorie nach Haken zu den Grundlagen der SOE. Ebenso sind eine Vielzahl von Weiterentwicklungen und Derivaten von SOE im theoretischen Feld zu finden (vgl. Bachmann/Loermann, 2023, S.5).

Wesentliche (erkenntnis-)theoretische Fokussierungen sind (vgl. Grossmann u.a., 2021, S. 16):

  • die Unterscheidung von Person und sozialem System
  • die Unterscheidung von trivialen (technischen) und nichttrivialen (sozialen) Systemen
  • die Unterscheidung von Beobachtungen erster und zweiter Ordnung
  • die Betrachtung von Interventionen als Steuerungs- und „Diagnose/Beschreibungs“-Instrument
  • Operative Schließung und funktionale Differenzierung

Systemische Organisationsentwicklung ist prozesshaft und kundenorientiert. Externe und interne OE-Praktizierende erarbeiten mit den Auftraggebenden gemeinsam eine Architektur des Veränderungsprozesses und ein Design der einzelnen Aktivitäten. Vielfältige Bausteine sind im Feld zu beobachten, u.a. (vgl. Schiersmann/Thiel, 2018.; Grossmann u.a., 2021, S. 53):

  • Auftragsklärungs- und Kick-Off-Veranstaltungen
  • Sounding Bords, Steuerkreise, Projekt- und Dialoggruppen
  • Workshops und (Groß-)Gruppenveranstaltungen – als Plattformen für Kommunikativen Austausch
  • Systemische Supervision – als reflexive Prozessbetrachtung
  • Systemisches Coaching als Rollenklärungs- und Kompetenzentwicklungsinstrument
  • Training – für Kompetenzerweiterung
  • Organisationsmediation
  • Strategieentwicklung
  • Prozessmanagement
  • Wissens- und Kompetenzmanagement
  • Teamentwicklung
  • Evaluationsteams, Review-Meeting

Die SOE ist ein organisch gewachsener Ansatz, der seine Wurzeln in der Familientherapie und Systemischen Beratung hat. Er stellt eine fundierte Theorielandschaft, eine wirksame und erprobte Praxeologie und eine sinn- und orientierungsstiftende Haltung zur Verfügung, um in den heute hochdynamischen und komplexen Organisationen adaptiv handlungsfähig zu sein. 

Die Systemische Gesellschaft hat Rahmenrichtlinien für die Weiterbildung in Systemischer Organisationsentwicklung festgeschrieben.

Text: Tom Küchler (Stand Juli 2023)
vielen Dank für die Rückmeldungen von Martin Hermann, Gerd Janke, Christopher Klütmann und Eva Kaiser-Nolden

Literatur:

Bachmann, T.; Loermann, J. (2023): Zur Wirksamkeit systemischer Interventionen im Kontext von Arbeit und Organisationen; in: systeme: Interdisziplinäre Zeitschrift für systemtheoretisch orientierte Forschung und Praxis in den Humanwissenschaften, Jg.37, Heft 1/23

Gabler Wirtschaftslexikon (Zugriff 06/2023): https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/organisationsentwicklung-43924

Grossmann R.; Bauer, G.; Scala, K. (2021): Einführung in die systemische Organisationsentwicklung, Carl-Auer

Krizanits, J. (2010): Einführung in die Methoden  der systemischen Organisationsberatung, Carl-Auer

Königswieser, R;  Sonuc, E.;  Gebhardt J. (Hrsg.) (2006): Komplementärberatung. Das Zusammenspiel von Fach- und Prozeß-Know-how. Klett-Cotta, Stuttgart

Schiersmann, C.; Thiel, H-U.; (2018): Organisationsentwicklung. Prinzipien und Strategien von Veränderungsprozessen, 5., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Springer VS, Wiesbaden

Antworten auf Fragen zum Verfahren zur Erlangung des SG-Nachweises, zu den Rahmenrichtlinien oder zur Anerkennung von Weiterbildungsgängen finden Sie hier.