Meilensteine und neuere Entwicklungen – Anerkennungsprozesse
Sozialrechtliche Anerkennung (2018) – Die systemische Therapie ist Kassenleistung
Wissenschaftliche Anerkennung (2008) – Die systemische Therapie ist wissenschaftlich fundiert
Sozialrechtliche Anerkennung (2024): Systemische Therapie bei Kindern und Jugendlichen ist Kassenleistung
Am 08.01.2024 hat der Gemeinsame Bundesausschuss einstimmig beschlossen, dass die Systemische Therapie bei Kindern und Jugendlichen ebenso Kassenleistung wird.
Nach der wissenschaftlichn Anerkennung der Systemischen Therapie (2008) und der erfolgreichen sozialrechtlichen Anerkennung der ST für die Behandlung im Erwachsenenbereich (2018) hatten sich die systemischen Fachverbände sowie der neu gegründete Systemische Verbund für eine sozialrechtliche Anerkennung der systemischen Kinder- und Jugendlichentherapie eingesetzt, damit auch für diesen Bereich eine angemessene Versorgung sichergestellt werden kann. Der Beschluss im Januar 2024 stellte den vorläufigen Abschluss dieses langjährigen Prozesses dar.
Eine gemeinsame Pressemitteilung der Systemischen Gesellschaft, der DGSF und des Systemischen Verbunds findest sich hier:
Weitere Hintergrundinformationen zum Beschluss finden sich auf der Seite des Gemeinsamen Bundesausschuss: https://www.g-ba.de/beschluesse/6420/
Zu den Hintergründen:
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte das dafür notwendige Bewertungsverfahren am 19.08.2021 eingeleitet.
Informationen zum Beratungsverfahren des G-BA zur systemischen Therapie für Kinder und Jugendliche finden sich unter: Systemische Therapie bei Kindern und Jugendlichen (§ 135 SGB V) – Gemeinsamer Bundesausschuss (g-ba.de).
Ein Bericht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) über die Prüfung des G-BA unter: Zulassung von Systemischer Therapie bei Kindern und Jugendlichen wird geprüft – BPTK
Am 19.08.2021 wurde das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), wie auch zuvor im Prozess der Erwachsenen Anerkennung, mit der „Recherche, Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissenstandes zur Systemischen Therapie bei Kindern und Jugendlichen“ betraut (Beauftragung IQWiG: Systemische Therapie bei Kindern und Jugendliche – Gemeinsamer Bundesausschuss (g-ba.de)).
Ein Jahr später, am 19.08.2022, wurde hierzu der erste Vorbericht veröffentlicht, der den Nutzen systemischer Psychotherapie für Kinder und Jugendliche in fünf großen Diagnosebereichen festgestellt hat. In Reaktion ebenfalls eine Pressemitteilung der beiden systemischen Fachverbände. Der Abschlussbericht des IQWiG ist im IV-Quartal 2022 vorgesehen und dient dem G-BA als Grundlage für den Beratungsprozess.
Für den gesamten Bewertungsprozess wurde ein Zeitplan des Bewertungsverfahrens veröffentlicht, der eine abschließende Beschlussfassung im IV-Quartal 2023 vorsah. Eine Entscheidung fand schließlich im Januar 2024 statt.
Sozialrechtliche Anerkennung (2018) – Die systemische Therapie ist Kassenleistung
Die Systemische Therapie für Erwachsene ist Kassenleistung!
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 22.11.2018 entschieden, dass Systemische Therapie für Erwachsene zukünftig von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Zunächst wird dafür im Unterausschuss Psychotherapie des G-BA die Psychotherapie-Richtlinie angepasst. Letztmalig wurde 1987 mit der Verhaltenstherapie ein neues Verfahren in die Erstattungsfähigkeit aufgenommen.
Der Gesetzgeber überlässt es der Selbstverwaltung, d. h. den Interessenvertretern der Krankenkassen, Krankenhäuser, Ärzte und Psychotherapeuten, welche Gesundheitsleistungen die gesetzlich Versicherten erhalten. Im Bereich der Psychotherapie standen den Versicherten bislang drei Verfahren aus zwei Grundorientierungen zur Verfügung: Verhaltenstherapie sowie die zwei psychodynamischen Verfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und analytische Psychotherapie.
Mit dem Beschluss vom 22.11.2018 wurde nur über die Zulassung Systemischer Therapie für Erwachsene entschieden. Für Systemische Therapie für Kinder- und Jugendliche, die sicherlich eine noch größere Versorgungsrelevanz hat, steht der Antrag des G-BA auf Überprüfung noch aus.
Über die Vorteile Systemischer Psychotherapie für Patient_innen und Krankenkassen können Sie sich hier informieren:
https://systemische-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2014/11/Systemische-Therapie-Bullets.pdf
Timeline bis zur Anerkennung:
22.11.2018: Der G-BA beschließt in der 10. Ordentlichen Sitzung unter Tagesordnungspunkt 8.2.3 die Anerkennung Systemischer Therapie. Den Beschlussentwurf A, den die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie die Patientenvertretung (PatV) eingebracht hat, wird mit 8:5 Stimmen angenommen. Alle drei unparteiischen Mitglieder, Professor Josef Hecken, Dr. Monika Lelgemann und Prof. Dr. Elisabeth Pott stimmen für die Erstattungsfähigkeit Systemischer Therapie.
– Pressemitteilung des G-BA
– Pressemitteilung von SG/DGSF
– Pressemitteilung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)
– Pressemitteilung des Deutschen Ärzteblattes
– Beschlusstext
– Tragende Gründe für die Entscheidung
– Zusammenfassende Dokumentation inkl. aller Detaildaten und Stellungnahmen
27.09.2018: Mündliche Anhörung zu den schriftlichen Stellungnahmen im G-BA. Teilnehmende seitens SG/DGSF: Dr. Ulrike Borst und Sebastian Baumann, Dr. Björn Enno Hermans und Dr. Markus W. Haun.
– Wortprotokoll der mündlichen Anhörung
10.08.2018: Der G-BA gibt den Fachverbänden, die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) sind, sowie den wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, die beim G-BA gelistet sind, die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den beiden Beschlussentwürfen für die Entscheidung im Plenum des G-BA
– Gemeinsame Stellungnahme von SG/DGSF
– Stellungnahme der BPtK
– Stellungnahme der Bundesärztekammer (BÄK)
– Stellungnahme der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)
04.07.2018: Die Bundesregierung antwortet auf eine Kleine Anfrage von Bündnis90/Die Grünen zu Fragen zur Systemischen Therapie, v.a. zur Frage, warum im G-BA nach über fünfjähriger Beratungszeit noch immer keine Entscheidung gefallen ist. Als voraussichtliches Datum, bis zu dem das Gesamtverfahren abgeschlossen sein soll, wird März 2019 genannt.
– Antwort der Bundesregierung
– Pressemitteilung von SG/DGSF zur Antwort
24.07.2017: Veröffentlichung des Abschlussberichts des Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
– SG/DGSF Pressemitteilung
– News der BPtK
– Pressemitteilung des Berufsverbandes der Vertragspsychotherapeuten (bvvp)
24.05.2017: Abgabe des IQWiG-Abschlussberichts an den G-BA
08.11.2016: Mündliche wissenschaftliche Anhörung zum Vorbericht beim IQWiG. Teilnehmer von SG/DGSF: Dr. Ulrike Borst, Dr. Rüdiger Retzlaff, Prof. Dr. Kirsten von Sydow.
23.08.2016: Veröffentlichung des Vorberichts des IQWiG und Möglichkeit zur Stellungnahme
– SG/DGSF Pressemitteilung zum Vorbericht
– SG/DGSF Stellungnahme zum Vorbericht
– Pressemitteilung der BPtK zum Vorbericht
– Stellungnahme der BPtK zum Vorbericht
28.07.2015: Veröffentlichung des Berichtsplans des IQWiG
27.05.2015: Mündliche wissenschaftliche Anhörung beim IQWiG zur Stellungnahme zum vorläufigen Berichtsplan. Teilnehmer von SG/DGSF: Dr. Ulrike Borst, Dr. Rüdiger Retzlaff
26.02.2015: Veröffentlichung des vorläufigen Berichtsplans des IQWiG zum Vorgehen bei der Nutzenbewertung und Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme dazu.
– SG/DGSF Stellungnahme zum vorläufigen Berichtsplan
25.08.2014: Der G-BA beauftragt das IQWiG mit der Nutzenbewertung Systemischer Therapie bei Erwachsenen und konkretisiert seinen Auftrag
12.12.2013: Veröffentlichung des Beratungsthemas im Bundesanzeiger
Damit: Beginn der Möglichkeit zur Stellungnahme, “insbesondere für Sachverständige der medizinischen Wissenschaft und Praxis” (Eine größere Auswahl an Stellungnahmen finden Sie hier)
18.04.2013: Der G-BA beschließt auf Antrag des unparteiischen Vorsitzenden Dr. Harald Deisler das Bewertungsverfahren nach §135 SGB V für Systemische Therapie für Erwachsene
Wissenschaftliche Anerkennung (2008) – Die systemische Therapie ist wissenschaftlich fundiert
14.12.2008: Systemische Therapie wird vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie als wissenschaftliches Verfahren anerkannt.
Zum Gutachten des wissenschaftlichen Beirats: Systemische Therapie – Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie (wbpsychotherapie.de)
Wie verläuft ein Anerkennungsprozess?
Der Anerkennungsprozess kann grob in drei Teile gegliedert werden:
- Vorbereitung und Antragstellung im G-BA, Stellungnahmeverfahren
- Nutzenbewertung Systemischer Therapie nach den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
- Abschließende Beratung und Entscheidung im G-BA
1 Vorbereitung und Antragstellung im G-BA, Stellungnahmeverfahren
Nach jahrelangem Warten (2009-2013) war es im März 2013 das unparteiische Mitglied Dr. Harald Deisler selbst, der den von SG und DGSF lang ersehnten Antrag auf Überprüfung Systemischer Therapie stellte. Beim anschließenden Stellungnahmeverfahren äußerten sich eine ganze Reihe von psychotherapeutischen Fach- und Berufsverbänden, Kliniken, Psychotherapeutenkammern und Einrichtungen. Die einhellige Botschaft: Die Kassenanerkennung Systemischer Therapie ist längst überfällig! Lesen Sie hier die wichtigsten Stellungnahmen im Wortlaut.
2 Erstellung einer Entscheidungsvorlage für den G-BA: Nutzenbewertung Systemischer Therapie nach den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
Im August 2014 wurde das IQWiG damit beauftragt, in einer detaillierten Studienrecherche einzuschätzen, für welche Störungsbereiche Systemische Therapie ihren Nutzen unter Beweis stellen konnte. Nach einer enormen Leistung (Sichtung von über 3000 Studien im Volltext) und der bislang umfassendsten Untersuchung zu Systemischer Therapie gab das IQWiG im Mai 2017 seinen Abschlussbericht an den G-BA und veröffentlichte zwei Monate später für alle seine Ergebnisse: In sieben Diagnosegruppen fand das IQWiG Evidenz für einen Nutzen Systemischer Therapie.
Die beiden Diagnosegruppen „Angst- und Zwangsstörungen“ sowie „Affektive Störungen“ sind dabei besonders wichtig, weil kein Psychotherapieverfahren neu zugelassen werden darf, ohne einen Nutzen in der Behandlung dieser besonders häufigen Diagnosen zu zeigen. In beiden Gruppen stellte das IQWiG die Wirksamkeit Systemischer Therapie fest.
3 Abschließende Beratung und Entscheidung im G-BA
Nach den geheimen Beratungen im G-BA über den IQWiG-Bericht wurde eine Abstimmungsvorlage in das Plenum eingebracht und darüber am 22.11.2018 entscheiden.
Nun wird die Psychotherapie-Richtlinie im Unterausschuss des G-BA angepasst. Bis die erste Systemische Therapie von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherungen in Anspruch genommen und erstattet werden kann, wird es noch ein wenig Zeit beanspruchen, da im Nachgang des G-BA Prozesses die Psychotherapie-Vereinbarung angepasst und Abrechnungsziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) geschaffen werden.
Erstes Stellungnahmeverfahren des G-BA 2014
Wie in der Verfahrensordnung des G-BA vorgesehen, erhielten interessierte Fachleute Anfang 2014 die Möglichkeit, mit eigenen Kenntnissen über Wirksamkeitsstudien, Kosten-Nutzen-Analysen und zur Definition und beinhalteten Methoden Systemischer Therapie Stellung zu nehmen.
Hier finden Sie die prägnantesten Stellungnahmen von psychotherapeutischen Verbänden und Kliniken. Es ist bemerkenswert, dass alle Verbände/Kammern/Kliniken in ihren Stellungnahmen die sozialrechtliche Anerkennung Systemischer Therapie befürworten:
- Stellungnahme der Bundespsychotherapeutenkammer
- Stellungnahme des Berufsverbandes der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) (zweitgrößter verfahrensübergreifender Berufsverband der Psychotherapeuten)
- Stellungnahme der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) (größter verfahrensübergreifender Berufsverband der Psychotherapeuten)
- Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik
und Tiefenpsychologie (DGPT) (größter psychodynamischer Berufs- und Fachverband) - Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) (größter verhaltenstherapeutischer Dachverband)
- Stellungnahme der Gesellschaft für personenzentrierte Psychotherapie und Beratung GwG (größter Dachverband für personenzentrierte Psychotherapie (Gesprächspsychotherapie))